Badesand, Badegranulat

Chinchillabadegranulat

© Sven Grelck

Der ausführliche Artikel "Badevergnügen, aber richtig!" von Sven Grelck ist zu lesen in der Rodentia Ausgabe 5 (Jahr 2002)!

Das Chinchillafell

Für Chinchillas ist die Pflege ihres Fells besonders wichtig, das Fell schützt sie nicht nur vor Auskühlung, sondern die hohe Dichte gibt auch guten Schutz gegen Parasiten, da sie nicht bis zur Haut vordringen können. Schutz vor Nässe hingegen bietet das Fell dem Chinchilla nicht, es wird von dem Tier fettfrei gehalten, von daher kann es nicht wasserabweisend wirken.


Die negativen Eigenschaften von Quarzsand

Häufig sehen wir Chinchillas, deren Fell nicht luftig und flauschig aussieht, sondern leicht verklebt und verklettet, zottig oder sogar brüchig ist. Die Ursache liegt bei ansonsten gesunden Tieren fast immer in der Verwendung des falschen Badesubstrats.


Chinchillafell - falsches Badegranulat


Die Korngröße von Sand ist in der Geologie genau definiert: 0,063 bis 2 mm. Am weitesten verbreitet und bekannt ist Sand aus Quarz (Siliziumdioxid). Jedes Quarz-Sandkorn hat eine geschlossene Oberfläche, d. h. es ist nicht porös und damit nicht aufnahmefähig. Viele Sandkörner zusammen können nur so viel Feuchtigkeit oder Fette aufnehmen, wie zwischen den einzelnen Sandkörnern aufgrund der sog. Kapillarkraft oder Haftfähigkeit der aufzunehmenden Stoffe verbleiben.
Eine zweite für den Zweck der Chinchilla-Fellpflege ungewollte Eigenschaft von Sand spürt man sofort, wenn man einige Körner zwischen den Fingerkuppen reibt. Sie fühlen sich hart und scharf an.


links Quarzsand, rechts Attapulgus,sehr stark vergrößert


Tonminerale

In der einschlägigen Fachliteratur über Chinchillas aber auch auf immer mehr Internetseiten über Chinchillas finden sich Namen wie Attapulgus und Blue Cloud. Im englischsprachigen Raum wird zu Recht von „dust bath“, zu deutsch „Staubbad“, gesprochen.
Das Tonmineral Attapulgus verdankt seinen Namen einer kleinen Stadt mit weniger als 20.000 Einwohner (Stand 1999) im Bundesstaat Georgia der USA, unmittelbar an der Grenze zu Florida gelegen, die hauptsächlich vom Abbau sogenannter Tonminerale (attapulgus clay) lebt.


links Attapulgus, rechts Blue Cloud, sehr stark vergrößert


Attapulgus für den Chinchillabedarf in Europa stammt häufig aus Spanien. Ein kostspieliger Transport über den Atlantik entfällt damit.


Eigenschaften von Tonmineralen zur Fellpflege

Die Eigenschaften von Attapulgus-Ton liegen in seiner Struktur, die stark porös ist und daher rein mechanisch filtrierend wirkt, zusätzlich erfolgt eine chemisch/physikalische Bindung von Stoffen über die Kationenaustauschfähigkeit (Technische Universität München, Fachschaft Geologie, Skript Industrieminerale - Ton-Rohstoffe: Genese, Verwendung und Ökonomie (A. Gilg)). Fein gemahlen und ungebrannt besitzt er keine scharfen Kanten, die dem Fell des Chinchillas schaden könnten.
Beim Blue Cloud Badesubstrat handelt es sich um ein Zement-Produkt, das in staubförmiger Konsistenz vorliegt. Es sollte daher besser nur löffelweise unter den Attapulgus gemischt und nicht pur verwendet werden.


Einfach selbst prüfen

Der für die Fellpflege zum Verkauf stehende Badesand wird mit Eigenschaften wie „durchgeglüht“ und „steril“, „besonders fein“, „gesiebt“ angepriesen oder es wird gar Vogel- und Aquariumsand angeboten. Woher weiß man nun, ob es Quarzsand oder ein Tonmineral ist?
Ton ist als ein natürliches Material aus sehr feinkörnigen Mineralen, welches sich bei geeignetem Wassergehalt plastisch verhält und beim Trocknen oder Brennen verhärtet, definiert (AIPEA Definition 1995). Geben Sie demnach etwas Wasser in die zu prüfende Badesubstratprobe. Der entstehende Klumpen kann bei Tonmineral mit den Fingern zu einer zusammenhängenden und formbaren Masse geknetet werden und fühlt sich ein wenig klebrig an.


nasse Kugel und trockene harte Kugel, Attapulgus


Ein feuchter (Quarz-) Sandklumpen hingegen lässt sich nicht kneten und fühlt sich scharfkantig an. Nach dem Trocknen behält die Tonmasse ihre Form bei und ist ausgehärtet. Der feuchte Sand hingegen zerfällt (DIN 4022).


Die Wirkung bei den Tieren

Die reinigende Wirkung des Tonminerals entfernt vom Tier zur Hautpflege abgegebenes Lanolin, evtl. Feuchtigkeit aber auch Fette und Verunreinigungen, die durch das Anfassen der Tiere von uns Menschen in das Fell gelangen. Daneben ist das Staubbad für die Psyche der Tiere wichtig, sie können dabei Stress und Spannungen abbauen.


Chinchillafell - richtiges Badegranulat


Haben Ihre Tiere aber über einen längeren Zeitraum das falsche Badesubstrat erhalten und die Fellstruktur wurde dadurch angegriffen, brauchen Sie schon etwas Geduld, das Fell muss einmal komplett nachwachsen, rechnen Sie zwischen 2 und 4 Monaten.


Die Gabe des Staubbads

Ob das Staubbad täglich für einen begrenzten Zeitraum, z. B. eine Stunde am Abend, die ganze Nacht oder sogar permanent gegeben werden soll, ist unter Experten und Züchtern umstritten. Einigkeit besteht nur bei der täglichen Gabe. Untersuchungen in der Verhaltensbiologie an der Universität Münster haben gezeigt, dass Dinge, die positive psychische Effekte auslösen bei permanenter Verfügbarkeit und Gewohnheit diese Effekte nicht mehr im vollen Umfang bieten. Vergleichbar mit dem in der Tierwelt auftretenden nachlassenden Interesse der Männchen in der Begattung des selben Weibchens (Coolidge-Effekt).
Dies spräche gegen eine permanente Gabe des Staubbades.

Bei der regelmäßigen Käfigreinigung sollte auch das Badesubstrat ausgetauscht werden.

Geeignete Gefäße für das Staubbad sind Metallwannen, Glas- und Keramikschalen. Sie lassen sich gut - auch mit Wasser und Essigsäure - reinigen. Gefäße aus saugfähigen oder porösen Materialien wie Holz oder unglasierter Ton bieten Bakterien bei längerem Gebrauch gute Einnistmöglichkeiten. Kunststoffgefäße sollten auf keinen Fall verwendet werden, sie könnten angenagt und gefressen werden.


badendes Chinchilla


Vorübergehend kein Staubbad

Nach der Geburt sollte das Staubbad für ca. 5 Tage für Weibchen und Jungtiere entfernt werden. Bei offenen Wunden durch Verletzungen oder nach einer Operation muss das Staubbad solange entfernt werden, bis die Wunden soweit abgeheilt sind, dass sie völlig trocken und verschlossen sind.
Bei äußerlich angewendeten Medikamenten wie Salben, Cremes oder Tinkturen kann das Staubbad ungünstig wirken, der Medikamentenwirkstoff wird durch die Absorptionsfähigkeit des Tonminerals vom Tier entfernt oder es verklumpt mit dem Fell.

Wir danken Geologin Angelika K., Uni Marburg, für die Durchsicht des geologischen Teils vom Artikel.
Wir danken Dipl.-Biologin Christine B. für die Informationen zum Coolidge-Effekt.